Mein Halle – eine Wimmelbildgrafik – Making of

Ich habe mich entschlossen eine meiner Zeichnungen in eine Druckgrafik umzuwandeln. Die Wahl ist auf „Mein Halle“ – ein Wimmelbild von Halle gefallen und ich hab mich sehr gefreut, das diese im Rahmen von „Kultur ans Netz“ von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt gefördert wurde.

Es ist Sommer draußen, die Sonne scheint und die Stimmung überträgt sich auch auf die Zeichnung. Alles ist Heiter und ausgelassen, es gibt viele Menschen die sich Treffen und schöne Sachen miteinander unternehmen.

Menschentrauben zu malen ist fast schon irreal, denn in Zeiten von Corona ist es suspekt, wenn der Abstand zwischen den Menschen 1,5m unterschreitet.

Ich arbeite dagegen – gegen die Vereinsamung alleine zu Hause, gegen den Verlust des Lächelns. In meiner kleinen Welt kennen sich alle und sind dicht gedrängt auf eine „Zille“-Weise aufs Blatt gebracht. Da gibt es den Marktplatz, den schönen Saalestrand, das neue Planetarium, unzählige neue Häuser, Baukräne, Brücken, die Straßenbahn Frohe Zukunft und unseren Händel der von Mond und Sternen des Stadtwappens gekrönt ist.

Ich habe im Laufe der Zeit, an der ich an der Zeichnung saß, noch ein paar Extras eingebaut. So auch einige Halle-Originale denen ich oft in der Stadt begegne und ohne die die Stadt nicht das wäre was sie ist. Das ist unsere Nachbarin mit ihrem Hund Nancy, unser Kinderarzt der flugs vorbeiradelt, der coole Skater ohne Beine, der Pastellzeichner vom Marktplatz … und über allem schaut Herr Dr. Wiegand unser Oberbürgermeister mit dem Fernglas in die Zukunft. Meine Familie und mich habe ich auch eingebaut … findet Ihr mich?

 

Technik

 

Die Wahl der Technik für die Umsetzung der Zeichnung fiel auf die Radierung (aus dem lat.: radere=kratzen/schaben), weil sie sehr genaues Arbeiten im Stil einer Federzeichnung ermöglicht. Was man hierbei bedenken muss, ist, dass die Zeichnung seitenverkehrt auf die Metallplatte übertragen wird.

Also habe ich mir eine passende Zinkplatte herausgesucht und sie vorbereitet:

Zuerst wird sie geschliffen und die Kanten in einem 45 Grad Winkel abgeschrägt (facettieren) damit die Metallplatte nachher beim Drucken das Papier nicht zerreißt.

Die geschliffene Platte und entfettete (zB. mit Schlämmkreide oder reinem Alkohol) ist nun bereit mit einer säurebeständigen Schicht – Asphalt-Lack genannt – versehen zu werden.

Der Lack ist dunkelbraun und man kann das freigelegte Metall als silbrige feine Linie gut erkennen. Manchmal, wenn mir der Lack zu hell ist, schwärze ich mit Edding noch etwas nach – das ist besonders Hilfreich bei feinen Details.

Wenn die Platte fertig bezeichnet ist, dann wird die Rückseite auch mit Asphalt-Lack versehen, damit sie vor der Säure geschützt ist.

Nun kann sie geätzt werden – ich verwende für das Säurebad eine etwa 15% Salpetersäure und ätze im Freien an der frischen Luft. Da die Platte sehr groß für meine Verhältnisse war, bin ich raus aufs Land zu meinem Vater Hans-Christoph Rackwitz gefahren, er hat eine wunderbar ausgestattete Radierwerkstatt. Dort hab ich die Platte mit ihm Zusammen geätzt (Abb.) Es ist eine sehr schöne kräftige Linie geworden. Überall dort wo das Metall freigelegt war – ich mit der Nadel in den Asphaltlack gezeichnet hab – konnte die Säure angreifen und hat eine Vertiefung in das Metall geätzt in die später die Druckfarbe eingewischt wird.

Die Platte ist fertig geätzt – nun kann der nicht mehr benötigte Lack von beiden Seiten mit einem Lösungsmittel für Lacke und Farben entfernt werden und die Platte erstrahlt in schönem Silber. Da ich ein schönes Weiß für die Flächen im Kontrast zu den Linien haben will, poliere ich die Platte noch etwas mit feiner Stahlwolle und Metallpolitur (zB. Elsterglanz)

Die Vorlage ist fertig, jetzt muss sie nur noch aufs Papier.

Für den Druck verwende ich speziellen Kupferdruck-Karton er ist aus Baumwollfasern und lässt sich gut anfeuchten – denn nur das feuchte Papier kann die Druckfarbe gut aufnehmen und sich gut in alle Ritzen der Zinkplatte pressen.

Die Farbe ist Kupferdruckfarbe, eine hochpigmentierte Ölfarbe die speziell für die Technik des Tiefdruckverfahrens hergestellt wird, ich verwende gern die Tuben, da sie im Vergleich zu den Büchsen nicht so schnell austrocknen.

Der Druck:

Die Platte wird auf einer Wärmeplatte angewärmt und die Farbe wird mit weichen Filztampons eingerieben damit die schön in die Linienvertiefungen kommt. Jetzt wird alle überschüssige Farbe mit einem groben Bauwolltuch (Wischgaze) entfernt und die Platte mit etwas Zeitungspapier nachpoliert, alte Telefonbücher eignen sich gut dafür. Die Farbe ist jetzt nur noch in den geätzten Linien.

Die polierte Platte lege ich nun auf die Presse. –  Das Papier leg ich vorsichtig auf die geätzte Seite und dann kommt der Druckfilz drüber. Der Filz drückt beim Druckgang das klamme Papier richtig tief in alle Rillen der Platte und kann somit alle Farbe bestens herausholen.

Die Druckpresse ist eine kleine Radierpresse die ähnlich wie eine alte Wäschemangel funktioniert – 2 Walzen und ein Drucktisch die untere Walze befördert den Drucktisch und die obere Walze drückt den Filz auf Platte und Papier. Alles angetrieben von einem Sternrad an dem ich drehen muss wie ein Steuermann eines Piratenschiffs (zumindest solange bis auf der anderen Seite der Walze die Platte und der Druck wieder herauskommt.

Der erste Druck ist immer sehr abenteuerlich – meist wird er nix, weil zB. nicht genug Farbe in den Rillen war, oder der Druck falsch eingestellt war. Aber wer weiß, vielleicht hab ich Glück.

Vorsichtig hebe ich das Papier an (ich hab mir dafür kleine gefaltete Pappkärtchen gebastelt – da ich vom einreiben der Platte noch schmutzige Finger habe)

Und da ist er der erste Druck meiner neuen Radierung „Mein Halle“

Später wenn der Druck getrocknet ist, koloriere ich ihn mit Aquarellfarben

Ich hatte an diesem Abend 3 Drucke koloriert – das macht ganz schön viel Arbeit

 

Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Der ganze Aufwand hat sich gelohnt, denn es gab schon einige interessierte Kunden, die die Grafik erworben haben. In der Öffentlichkeit wurde es auch schon präsentiert – es hängt an prominenter Stelle bei Bilder-Graf im Steinweg im Schaufenster. Immer wenn ich vorbei gehe erfüllt es mich mit Stolz.